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Kapitel 12

Norddeutsche Meisterschaft


Stinger, Flosse und Léon treffen sich um 6.00 Uhr am Kurt-Schumacher-Platz. Zu dieser frühen Zeit ist wenig Verkehr. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg nach Hamburg, um den Norddeutschen Meister zu ermitteln. Qualifikationsspiele gegen Lübeck, Kiel, Hannover und Hamburg sind zu absolvieren, worüber sich die drei Berliner aber in diesem Moment keine Gedanken machen. Kaum ist die Autotür zu, reden alle hitzig weiter.
„Haben deine Kollegen schon etwas über die Einbrecher herausbekommen?“, fragt Stinger aufgeregt.
„Leider noch nicht. Ich habe mir die Akten über den Mord und über die tödlichen Unfälle kommen lassen und festgestellt, dass es mehr Fragen als Antworten gibt. Es sieht aus, als wenn jemand mit viel Einfluss Beweise verschwinden läßt. Der Mord an Robert Sander, die Todesfälle von Fritz Franke und dem Professor wurden erstaunlich schnell zu den Akten gelegt. Seltsam, dass niemand bei der Untersuchung die Fälle in Zusammenhang gebracht hat“, bemerkt Flosse erstaunt.
„Zwischen den Morden lagen Jahre und jetzt kommt die Sache in ein neues Stadium!“, resümiert Léon.
„Scheiß Typen kleben an Léons Hintern und wir wissen nicht, um was es wirklich geht“, brummt Stinger genervt.
Die Mörder werden nicht aufgeben, bis sie das haben, was sie wollen“, ist sich Flosse sicher.
Der Professor muss etwas entdeckt haben. Wofür sonst der zweite Standort“, meint Léon.
„Hast du etwas über die Karte erfahren?“, fragt Léon Flosse, als Stinger auf die Autobahn Richtung Hamburg fährt.
„Ich habe bei Interpool nachgefragt, aber niemand weiß etwas von einer historischen Karte oder vermisst eine.“
„Kein Wunder, sie steckte über ein halbes Jahrhundert im Havelwasser. Da gab es noch keine Datenbanken“, erklärt Stinger.
„Ich habe unsere Karte mit Seekarten aus dem Internet verglichen. Ich konnte keine Gemeinsamkeiten erkennen, aber mir wurde klar, dass die Küstenlinie im Mittelalter deutlich anders aussah“, erzählt Léon.
„Das hilft uns also nicht weiter. Wir müssen herausfinden, was auf dem Grund der Ostsee liegt“, sagt Flosse entschlossen.
„Richtig!“, stimmt Stinger ungeduldig zu.
„Ich habe einiges über Prof. Dr. Sander gelesen, aber lediglich erfahren, dass der Professor in Sachen Vineta ein Experte war. Sein ganzes Leben hat er damit verbracht, die versunkene Stadt zu suchen. Und es sieht danach aus, dass er etwas von ihr gefunden hat“, berichtet Léon.
„Komisch. Warum habe ich nur noch nichts von der Entdeckung Vinetas gehört?“, fragt sich Stinger.
„Das habe ich mich auch gefragt. Scheinbar wollte er den Fund geheim halten“, berichtet Léon.
„Warum sollte er diese Sensation für sich behalten?“, fragt Stinger verständnislos.
„Das ist doch klar. Aus Angst vor seinen Mördern. Schließlich wurde er umgebracht“, antwortet Flosse.
„Also ein Job für die Mordkommission“, sagt Léon.
„Das ist lange her. Um die Fälle neu aufzurollen haben wir zu wenige Beweise“, murmelt Flosse.
„Nur warum wurde überhaupt gemordet? Nach so vielen Jahren ist dort sicher nichts mehr zu finden“, hinterfragt Stinger.
„Mit Vineta kann es nichts zu tun haben. Die Stadt existiert nur in Sagen, in Wirklichkeit hat es Vineta nie gegeben“, wirft Léon ein.
„Wer weiß. Wir sollten nachsehen gehen!“, fordert Stinger mit seinem Entdeckungsdrang.
„Hoffentlich weißt du, worauf ihr euch da einlassen werdet?“, mahnt Flosse, während sie auf den Parkplatz fahren.

Am Schwimmbad angekommen sind nur Krake, Knorki und Boris am Eingang zu sehen. Ein Auto mit vier Stammspielern fehlt.
„Wo habt ihr den Rest gelassen?“, fragt Stinger die anderen, indem er die Wagentür öffnet und aussteigt.
„Deckel hat gerade angerufen, sie haben eine Autopanne und werden es zum ersten Spiel nicht schaffen“, berichtet Boris.
„Auch gut, dann haben wir mehr vom Spiel“, brummt Stinger im Gehen.
Nach dem Umziehen organisiert Boris das Einschwimmen. Das Wasser ist frisch und bei Léon bildet sich auf seinen Armen eine Gänsehaut. Wie immer wird zuerst der Körper mit leichten Übungen warm gemacht. Um den Puls hoch zu treiben, folgen Sprint-, Unter- und Überwasserübungen. Das kennt Léon schon seit Jahren, macht ihm jetzt aber nichts mehr aus.
Zum Abtrocknen geht Léon zu seiner Umkleidekabine und hört im Vorbeigehen, wie über die Berliner Mannschaft gesprochen wird. Das Hamburger Team ist bei ihrer Mannschaftsbesprechung, und der Trainer stellt gerade seine Taktik für das Spiel gegen Berlin vor. Léon erinnert sich noch gut an die Hochschulmeisterschaft, wie sie von dieser Mannschaft mit Vier zu Null Toren verhauen wurden. Deshalb hört er jetzt durch die Tür hindurch aufmerksam zu.
„Ihr habt es wohl schon mitbekommen, dass Berlin nur mit sechs Spielern gegen uns antreten wird. Das bedeutet Berlin spielt ohne Auswechselspieler“, trägt der Trainer aufgeregt vor.
Dann wird er lauter, um die Mannschaft für das Spiel heiß zu machen.
„Das ist unsere Chance, Berlin zu schlagen! Einen Sieg über Berlin hat seit Jahren noch keine Mannschaft aus dem Norden geschafft. Aber heute kann es passieren! Wir müssen von Anfang an Druck machen, tief am Grund spielen und die Zweikämpfe mit den Berlinern suchen! Sie werden müde, und wir machen das Tor!“

Nur wenige Minuten später stehen sich im tiefen Becken elf Hamburger und sechs kampfeslustige Berliner gegenüber und warten ungeduldig darauf, dass das Spiel angehupt wird. Schon in der vierten Minute steht es 1:0 für Berlin, dann geht es quasi im Minutentakt. Nach zehn Minuten liegen die Hamburger mit vier Toren im Rückstand. Die Berliner beginnen sich am gegnerischen Tor untereinander Konkurrenz zu machen. Jeder will Torschützenkönig der Saison werden und da kennen sie wie beim Essen keine Freunde mehr. Als das Spiel mit acht Toren für Berlin zu Ende geht, sitzt Léon grinsend am Beckenrand und fragt sich, was der Hamburger Trainer seiner Mannschaft nun erzählen wird. Auch Lübeck, Kiel und Hannover werden erwartungsgemäß hoch geschlagen, und Berlin hat sich das fünfzehnte Mal in Folge für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert.
Draußen, vor der Eingangstür, sind die absolvierten Spiele bereits abgehakt, keiner redet mehr von den Siegen, denn daran haben sich alle schon seit Jahren gewöhnt. Sporttaschen werden in den Kofferraum geworfen. Stinger, Flosse und Léon steigen in den Wagen.
„Wann fahren wir?“, fragt Léon auf der Rückfahrt.
„So schnell wie möglich. Am besten schon kommendes Wochenende“, antwortet Stinger vor Ungeduld.
„Da kann ich nicht. US Präsident Bush kommt nach Berlin. Ich habe Bereitschaftsdienst. Keine Chance auf Urlaub. Ihr müsst ohne mich fahren“, ärgert sich der Polizist, überlegt und spricht dann weiter. „Nehmt doch Flocke mit?“
„Diesen Zwerg von der Unitruppe? Ob er der richtige für so ein Unternehmen ist“, zweifelt Stinger.
„Als erfahrener Tauchlehrer ist er besser geeignet als ich!“, kontert Flosse.
Er weiß, dass Flocke nicht der ehrgeizigste ist, sonst würde er bei Ihnen spielen.
„Das ist doch nicht dein ernst. Da können wir gleich die kleine Meeresforscherin mitnehmen!“, schmollt Stinger, weil er sich das ganz anders vorgestellt hat.
„Perfekt, von so einem Team kann ich bei der Polizei nur träumen“, sagt Flosse begeistert, um die Situation hinzubiegen.
Wortlos zieht Léon die Augenbraue auseinander. Wir werden sie wohl mitnehmen müssen, denkt er, schließlich wohnt sie auf der Bird of Prey.
In ihren Gedanken versunken und müde von den Spielen schlafen Stinger und Flosse den Rest der Fahrt in ihren Autositzen. Erst vor dem Clubheim werden sie wach und steigen noch schläfrig aus dem Wagen. Kaum ist die Autotür wieder zu, lässt Léon das Seitenfenster runter. Flosse zuckt mit den Achseln und fragt zum Abschied:
„Was ist zwischen dir und Mira passiert?“
„Nichts, was mit der Sache zu tun hat“, antwortet Léon ablehnend und gibt Flosse zu verstehen, dass er nicht darüber reden will.

Kapitel 13: Die Abmachung